Stehen Headquarter jetzt vor dem endgültigen Aus?
Beschäftigt man sich länger mit der Frage, dann fällt einem zwangsläufig auf, dass es kaum eine einfache und schnelle Antwort darauf geben kann. Als HEAD des Unternehmens fließen hier traditionell alle Entscheidungsprozesse zusammen. Mitarbeiter kommen zu diesem einen Punkt, um gemeinsam zu arbeiten. Kunden besuchen ihn, um Aufträge zu besprechen. Und doch fragen wir uns, ob diese Form der Raumnutzung und Arbeitsweise noch zeitgemäß und produktiv ist.
Wenn ich mir selbst diese Frage stelle, fällt mir die große Anzahl an Faktoren auf, die zur Beantwortung dieser Frage eine Rolle spielen könnten. Es entsteht ein komplexes Netz an zu beachtenden Punkten. Ein Hauptquartier ist immerhin mehr als seine einzelnen Arbeitsflächen. Es ist Arbeitsort, Kontrollinstanz, Zufluchtsstätte, Repräsentationsmedium, … zugleich. Diese Komplexität will ich mir genauer anschauen.
Stellt man diese Frage mehreren Menschen ergeben sich bei jedem andere Ideen der Beantwortung. Wir machen alle unterschiedliche Erfahrungen und haben jeder einen anderen Blickwinkel. Wer sich für einen weiteren Betrachtungswinkel interessiert, dann einen der folgenden Links auswählen. Perspektive der:
ENTWICKLUNG
WIRTSCHAFTLICHKEIT
Den Hauptsitz eines Unternehmens haben viele Menschen lange nicht mehr von innen gesehen. Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Seit Monaten zwingt uns eine globale Pandemie dazu, auf Abstand zu gehen. Wir suchen andere Arbeitsweisen und versuchen Orte zu finden, die es uns ermöglichen, tätig zu sein. Büroflächen sind zu großen Teilen verweist und kosten die Unternehmen trotzdem täglich Unsummen an Unterhaltungskosten. Wenn Mitarbeiter vor dem Frühjahr 2020 nach Home-Office Möglichkeiten gefragt haben, wurden sie nur zu oft mit einem: „Nein, das ist bei unserer Form der Arbeit nicht möglich.“ abgespeist. Nun waren und sind wir gezwungen, uns mit dem Gedanken anzufreunden und selbst wenn die Pandemie nicht mehr bedrohende Zahlen hervorbringen sollte, besteht weiterhin die Frage, ob wir dann wirklich alle wieder wie vorher „normal“ in die Headquarter der Unternehmen zurückkehren.
Wenn ich mir jetzt die Frage stelle, ob die Headquarter wirklich vor dem Aus stehen, fällt mir bei jeder neuen Notiz eine immer größer werdende Komplexität auf. So komplex ein Unternehmenshauptsitz ist, so komplex sind auch die Fakten die FÜR und GEGEN ein Aussterben sprechen. Im folgenden Abschnitt habe ich ein Paar dieser Faktoren einmal zusammengefasst.
Gründe für ein Aussterben
Kosten
Unternehmen geben mitunter Unsummen für die Unterhaltung ihrer Headquarter aus. Verschiedene Standorte werden in einem Gebäude oder Campus zusammengelegt, Gebäude werden saniert und neue Raumkonzepte nach neusten Trends in der Arbeitsraumgestaltung und laut Arbeitsstättenverordnung umgestaltet. Das hat alles seine Berechtigung und doch kommt die Frage nach der Notwendigkeit und Häufigkeit von Headquarter auf. Viele wissen dabei gar nicht, wie viel Geld man in die Hand nehmen muss, um ein gewisses Maß an Qualität zu erreichen. Hohe Gebäudemieten, sowie Büroausstattungen wie bspw. Schreibtische nach neusten ergonomischen und technischen Maßstäben von 2.000 € sind da keine Seltenheit. Die Kosten für die Reinigung und Instandhaltung müssen dabei auch berücksichtigt werden. Durch neue Modelle der Arbeitsplatzteilung (z.B. Desk-Sharing) werden auch hohe Anforderungen an das Facility Management gestellt. Alles soll reibungslos funktionieren und das kostet Geld.
Es ist zudem auch nicht unüblich, dass Büroflächen einfach leer stehen, weil gerade umstrukturiert wir, viele Mitarbeiter im Home-Office arbeiten oder ein Unternehmen sich mit seinen neugestalteten Raumkonzepten verkalkuliert hat und die tollen Ideen doch nicht so aktiv genutzt werden, wie sich das die Planer erhofft hatten. Wenn wir es schaffen diesen leerstehenden Raum so flexibel zu gestalten, dass er von anderen Parteien angemietet werden kann und demnächst ein hausinterner Friseur oder Florist (oder vieles mehr) die Bürolandschaft beleben, könnten wir Leerlaufkosten vermeiden.
Die Finanzierung von Gebäuden und Ausstattung von Arbeitsplätzen, sowie deren Instandhaltung verschlingt einen immens großen Geldbetrag. Natürlich ist dieser immer relativ zu der Größe der einzelnen Hauptsitze zu sehen, doch ist dieser Betrag noch zu rechtfertigen, wenn es nicht auch schon funktionierende, alternative Arbeitsorte und Kooperationsmodelle gibt?
Verkehr
Sind weniger Menschen gezwungen ins Headquarter zu fahren, haben wir etwas positives für die Umwelt und unsere eigene Lebenszeit und -qualität getan. Unsere Verkehrsmittel stoßen bei Nichtbenutzung keine Schadstoffe in die Luft aus, wir müssen kein Geld für unsere Transportmittel ausgeben und zudem bekommen wir die Pendelzeiten als frei zu nutzende Lebenszeit zurück.
»26 Arbeitstage […] an freier Zeit hätten wir als Arbeitnehmer […] mehr zur Verfügung, wenn wir im Home-Office arbeiten und das Pendeln wegfallen würde.« Simone Kortlüke
Produktivität
Wenn uns das letzte Jahr eines gezeigt hat, dann ist es, dass Home-Office und Fernarbeit wirklich funktionieren kann. Wir haben vielleicht noch sehr viel Verbesserungspotential in der richtigen Ausstattung und Koordinierung und doch ist es möglich Fernarbeit im großen Stil durchzuführen. Die Form der Zusammenarbeit wird sich in Zukunft verändern. Von einer synchronen, gleichzeitig agierenden Arbeitsgemeinschaft zu einem asynchron kommunizierenden Organismus,
der die individuell produktivste Arbeitszeit eines jeden Mitarbeiter berücksichtigt, um so mehr gemeinsam leisten zu können.
Die individuelle Produktivität und bessere Fokussierung auf die eigentliche Arbeit wird verbessert und wirkt sich so positiv auf die allgemeine Unternehmensproduktivität aus.
Ländliches Leben
Mehr Menschen wollen in kleinere Städte oder direkt auf das Land ziehen, um dem Stress, der Unruhe und dem Lärm der Großstädte zu entfliehen. Eine verbesserte Lebensqualität gepaart mit geringeren Lebensunterhaltungskosten steigern das eigene Wohlbefinden und die Gesundheit.
Bedingung dafür ist die schnellere Innovation dieser ländlichen Regionen. Stichwort: besserer öffentlicher Personennahverkehr, bessere Schulen, bessere Internetverbindung, …
GRÜNDE FÜR EIN ÜBERLEBEN
mit anderen Gestaltungsparametern + Nutzenveränderung:
Interaktion
Als Menschen sind wir soziale Wesen, die in Gemeinschaft aufleben. Heißt das zwangsläufig, dass wir eine Hauptanlaufstelle in Form eines Headquarters brauchen? Ich denke nicht und auch wenn sich die Form und der Ort unserer Zusammenarbeit ändert, werden gemeinsame Treffen notwendig bleiben. Die reale Begegnung wird umso kostbarer, wenn man sich vielleicht gar nicht jeden Tag sieht oder sich sogar zufällig begegnet. Für diese Form der Begegnung und des Kontaktes bedarf es neuer Orte und Arten der Begegnung und des informellen sowie formellen Treffens.
Koordinierung
Auch wenn wir unseren Arbeitsprozess individuell an unsere Bedürfnisse anpassen können und auch selbstorganisierend Handeln, muss es in einem Unternehmen Anlaufstellen geben. Wie diese aussehen werden und welchen Zwecken sie dienen, muss individuell für jedes Unternehmen einzeln erforscht werden. Die Vorteile einer zentralen Regulierung und Unterstützung ist also nicht zu vernachlässigen. Sie gibt dem einzelnen Mitarbeiter die Freiheit und Sicherheit sich voll und ganz auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren.
Organismus
Transformationsfähige Unternehmen entwickeln sich von mechanischen Handlungsapparaten zu organischen Systemen, die auf Veränderungsimpulse auf natürliche Weise eingehen können und dabei funktionsfähig bleiben. In einem Mechanismus können Teile nach Belieben ausgetauscht werden, doch die eigentliche Funktion des Mechanismus kann sich dabei nur bedingt verändern. In unserer sich ständig transformierenden Welt müssen Unternehmen jedoch mit Themen wie Globalisierung und Digitalisierung in rasanten Geschwindigkeiten zurechtkommen. Die Umstellungen eines Mechanismus kommen da oft nicht mit und Unternehmen müssen aufgeben.
Eine organische Weiterentwicklung des Unternehmens, bei der Innovationen zugelassen werden und eine Lebendigkeit gelebt wird, bleibt so lebensfähiger, da es auch auf schnelle Veränderungen reagieren kann, ohne zu verzweifeln.
Wie kann ein solcher Unternehmens-Organismus nun beherbergt werden? Das bleibt eine spannende Frage.
Raumpotenzial
Wenn wir also nun davon ausgehen, dass nicht alle Headquarter überleben, was passiert dann mit dem frei gewordenen Raum? Dieser Raum könnte uns entscheidend weiter bringen in der derzeitigen Wohnungsknappheit. Es ist viel günstiger eine Bürofläche zu Wohnraum umzubauen, als komplett neuen Wohnraum erst zu bauen. In unseren dicht besiedelten Städten werden die zu bebauenden Flächen immer knappen.
Warum nicht also das Büro zu Lebensraum machen?
Es könnten Gemeinschaften entstehen, in denen das Leben und die Arbeit koexistieren. Es entstehen Communities, die durch eine Durchmischung ihrer Funktionalität eine große Bandbreite an Angeboten ermöglichen.
Warum nicht also einfach den Friseur, Floristen, die Buchhandlung, den Bäcker und den Co-Working-Space neben der eigenen Wohnung haben?
Eine neue Form von Gemeinschaft, die sich auch füreinander verantwortlich fühlen kann, entsteht. Man unterstützt sich, belebt und bereichert das Miteinander und nutzt dabei existierenden Raum. Dieses Potenzial ist unglaublich wertvoll.
Wie geht es nun also weiter?
Für jede einzelne Person, die sich die Frage stellt, ob Headquarter aussterben oder sogar, ob ihr eigenes Hauptquartier noch zukunftsfähig ist, werden sich noch viele weiter Aspekte der Betrachtung finden lassen und die Komplexitäts-Schleife dreht sich unermüdlich weiter.
Doch wann haben wir »genug« Informationen? Wann endet eine Komplexität? Geht das überhaupt, oder müssen wir uns einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheiden zu handeln, eine Entscheidung zu treffen mit den gesammelten Informationen.
Ob Headquarter aussterben werden oder nicht, ist und bleibt komplex und nicht universell für alle Unternehmen gleichermaßen zu beantworten. Eine Tendenz ist dennoch zu erahnen.
Diese Entwicklung wird nicht nur Wochen und Monate dauern. Die Notwendigkeit und Bereitschaft muss jedes Unternehmen für sich bewerten. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich die Unternehmen, die sich frühzeitig über alternative Formen und Orte der Arbeit informieren und sie realisieren, zukunfts- und transformationsfähig Handeln können.
Wir brauchen ein kollektives Umdenken in der Gestaltung von Arbeitsraum und die Bereitschaft zum Experimentieren. Was wollen wir erreichen und was muss der uns zur Verfügung stehende Raum leisten können?
Arbeitsorte der Zukunft
Wenn Kosten gesenkt, der Verkehr entlastet und die Produktivität gesteigert werden soll, muss sich zwangläufig etwas ändern an der Art und Form unserer Arbeit. Individuelle Angebote der Interaktion können hier einen großen Beitrag leisten. In der ganzen Komplexität der Betrachtung und Ideenfindung muss der Hauptfokus auf der Flexibilität und dem Menschen liegen und nicht in der Kontrolle und Steuerung aller Unternehmensprozesse, um zukunftsfähige Szenarien zu entwickeln. Bist du bereit für eine Neugestaltung, dann gibt es hier ein Paar Impulse für eine bewusste Gestaltung. (»vor Ort« Elemente sind z.T. inspiriert von der Officina Humana Initiative). Sie beschreiben Orte, die wir vielleicht sogar schon kennen und deren Wert und Potenzial uns möglicherweise nicht bewusst ist. Besonderes Augenmerk oder Neuentdeckung der Potenziale.
Vor Ort
Unterwegs
Ein Blumenstrauß an Angeboten und Möglichkeiten. Ich könnte ihn noch erweitern; … mit einer Kita, mit Räumen für den Unterricht von Schulen, … Ein Blumenstrauß, der Leben im Unternehmen mit Leben des sozialen und gesellschaftlichen Umfeldes des Unternehmens aktiviert, mit einander verbindet und partizipiert. Ich bin neugierig, wer und mit welchen Ideen und Umsetzungen die Geschichte(n) der Headquarter weiter schreibt.
Monika Härtel
Ende einer Ära und der Beginn von etwas Neuem und Aufregendem
IMPULS | Welche Elemente beschreiben das Headquarter der Zukunft?
Community
wirksame Gemeinschaft
Inner Force
Identitätsstiftend
Nachhaltig
sozial + ökologisch + ökonomisch
Begegnungen
ermöglichen
Übergänge
gestalten
Lebendig
& individuell
Fokussierend
reduzierte Störung
Kaffeelandschaft
ungezwungene Kommunikation
Kreativität
Neues zulassen
Flexibilität
Beweglichkeit
Van-Stellplätze
Indoor + Outdoor
Multi-purpose driven
Bedarfsanpassung
Headquarter Garden
pflegen und nutzen der einenen Natur
HomeOffice
Variabilität
Kommunikationsflächen
aktivierend
Outdoor Space
natürliche Lebendigkeit
Retreat Campus
Erlebtes Teamwork und Abendteuer
Experimentieren
Labore
Offenheit
neugierig bleiben
Ich bin neugierig darauf gemeinsam herauszufinden wie ein Headquarter der Zukunft dann ansprechend gestaltet werden kann.
Was ist euch bei diesem Prozess am wichtigsten?
Erfahre mehr über Arbeitstrends, die wir in meiner Arbeits-Community zusammentragen. Viel Spaß beim weiter stöbern. Bleib neugierig.
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